Beifuß – Alt bewährte Heilpflanze

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Artemisia annua

 

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird immer wieder ein Heiltrunk aus Madagaskar erwähnt, der laut Aussagen der dortigen Behörden das Immunsystem stärke und vor zahlreichen Viren und Bakterien schütze, insbesondere vor Lungenerkrankungen. Es könne COVID-19 heilen, so Präsident Andry Rajoelina.

Basis dieses Wundertrankes ist der einjährige Beifuß (Artemisia annua), dessen Wirkstoff Artemisinin bisher hauptsächlich bei Malaria (hervorgerufen durch Plasmodien) eingesetzt wurde.

Die hoch gelobten positiven Ergebnisse sind interessant genug, um uns die Pflanze etwas genauer anzusehen.

 

 

Allgemeines zum Beifuß

 

Der Name Artemisia wird bei Dioskurides und Plinius für Artemisia vulgaris und verwandte Arten verwendet. Er ist angeblich von der Göttin Artemis Ilithya (Geburtshelferin) wegen der Verwendung der Pflanze bei Frauenkrankheiten abgeleitet. Nach einer anderen Auslegung stammt er von Artemisia, der heilkundigen Gemahlin des carischen Königs Mausolus. In der Volkskunde wird der Beifuß je nach Gegend auch als Bifoot, Bibôt, Biefout (plattdeutsch), Bibote, Bäibote (Braunschweig), Beibst (Riesengebirge, Schlesien), Babes (Karlsbad), Biefes (Eifel), Peips (Leipzig), Bîwes, Bîbs, Beiwes (Thüringen), Beibes (Lothringen) bezeichnet. 

Der einjährige Beifuß ist verwandt mit dem in Europa heimischen „Gemeinen Beifuß“ (Artemisia vulgaris), aber mit diesem in der Wirkungsweise unterschiedlich.

 

Beifuß

 

 

Vorkommen

 

In Europa kommt der Einjährige Beifuß in Rumänien, Albanien und Bulgarien vor. In Österreich (Niederösterreich, Wien und vereinzelt bei Salzburg), Liechtenstein, Südschweiz und Südtirol kommt er nur selten vor. In Kärnten, Nordtirol und Voralberg gilt er als ausgestorben. In Deutschland gibt es kleine Vorkommen entlang der Elbe.

 

 

Standort

 

Die Heilpflanze bevorzugt helle, nährstoffreiche Standorte, gute Wasserversorgung (Staunässe verträgt die Pflanze jedoch nicht) und Wärme. Sie wächst bevorzugt im Flachland und auf sandigen sowie kalkhaltigen Böden. 

 

 

Mythologie und Brauchtum

 

Beifuß ist eine Pflanze, die in vielen Kulturen auf der ganzen Welt in der Mythologie und im Brauchtum eine wichtige Rolle spielt. Der wissenschaftliche Name für Beifuß ist Artemisia, benannt nach der griechischen Göttin Artemis. Artemis war die Göttin der Jagd, des Mondes und der Fruchtbarkeit, und sie wurde oft mit Pflanzen assoziiert, die mit dem Mond und der Fruchtbarkeit in Verbindung stehen.

Oft wurde die Pflanze auch verwendet, um böse Geister abzuwehren und Schutz vor Krankheiten zu bieten. Im alten Griechenland wurde Beifuß als Heilmittel für Frauenleiden und bei Fieber eingesetzt. Im alten Rom wurde Beifuß in den Brauereien verwendet, um Bier zu würzen. Im Mittelalter wurde Beifuß in Europa verwendet, um böse Geister und Dämonen abzuwehren, und es wurde geglaubt, dass es vor Hexen und Zauberern schützt.

Im nordischen Mythos wurde Beifuß mit dem Gott Thor in Verbindung gebracht. Es wurde geglaubt, dass Beifuß bei der Herstellung von Thors Hammer, Mjölnir, verwendet wurde, und dass es bei der Beschwörung von Thor verwendet wurde, um Blitz und Donner zu rufen.

Nicht selten wird das Kraut auch im Zusammenhang mit Riten und Zeremonien verwendet. Im alten Ägypten wurde Beifuß bei Bestattungsritualen verwendet, um den Körper des Verstorbenen zu reinigen. Im keltischen Brauchtum wurde Beifuß bei Feuerritualen verwendet, um böse Geister zu vertreiben und die spirituelle Energie zu erhöhen.

 

 

 

Beifuß – Verwendete Pflanzenteile

 

Hippokrates verwendete nur das Kraut. Lonicerus nennt Kraut und Wurzel, bevorzugt jedoch die Anwendung der Samen. Matthiolus rühmt Kraut und Blüten zur Behandlung.

In einem angelsächsischen Zaubersegen findet man die Mugwort (Name für Beifuß) an erster Stelle:

„Erinnere dich, Beifuß, was du verkündetest,
Was du anordnetest in feierlicher Kundgebung.
Una heißest du, das älteste der Kräuter;
Du hast Macht gegen 3 und gegen 30,
Du hast Macht gegen Gift und Ansteckung,
Du hast Macht gegen das Übel, das über das Land dahinfährt.“

 

Beifuß

 

 

Beifuß – Inhaltsstoffe

 

Über 200 Inhaltstoffe konnten in den pflanzlichen Teilen nachgewiesen werden. Die wichtigsten sind:

Artemisinin, das kurz vor der Blüte in besonders hoher Konzentration in der Pflanze enthalten ist. Artemisinin besitzt eine Peroxidstruktur, die in Gegenwart von Eisenionen (z.B. in Erythrozyten) instabil wird und freie Radikale bildet. Diese sind es, die Plasmodien (einzellige Parasiten) abtöten und Bakterienmembranen zerstören. Die sehr reaktionsfreudigen freien Radikale führen zu Oxidationsprozessen (oxidativer Stress), die eine Kettenreaktion auslösen können, in deren Folge Moleküle, Zellen und Gewebe geschädigt und irreparabel zerstört werden. Auch Makrophagen bilden bei bakteriellen Entzündungen aggressive Sauerstoff-Radikale, mit denen sie die Erreger zerstören können.

  • Arteannuin B
  • Arteannuinsäure
  • 1,8 Cineol
  • Linalool
  • Caryophyllenoxid
  • 4-Terpinenol
  • Borneol
  • α-Cardinol
  • Spathulenol
  • Monoterpene
  • ɣ-Nonalacton
  • Flavonoide (Artemetin, Quercetin, Rutin, Chrysosplenetin,Eupatorin)
  • Menthol
  • Thymol
  • Beta-Sitosterol
  • Campher
  • Vulgarin
  • α- und β-Pinen
  • Myrcen
  • Sabinene
  • weitere Terpene (β-Caryophyllen, Germacren D, β-Cadinen und Nootkaton)
  • u.v.a.

 

Wirkung von Artemisinin

 

  • entzündungshemmend
  • antibakteriell
  • antiviral
  • antimykotisch
  • vitalisierend
  • fiebersenkend
  • antikanzerogen
  • immunstimmulierend
  • aphrodisierend
  • harntreibend
  • geburtsfördernd
  • insektizid

 

 

Anwendungsgebiete

  • Erkältungen
  • Verdauungsprobleme (Durchfall, Koliken, Krämpfe, Obstipation, Verdauungsschwäche)
  • Menstruationsbeschwerden
  • Wechseljahrebeschwerden
  • Malaria (Tee wirkt innerhalb von drei bis fünf Tagen effektiv gegen Malaria)
  • Krebs: Artemisinin hemmt das Wachstum bösartiger Tumorzellen
  • Bilharziose (Wurmbefall)
  • Epilepsie
  • Kopfschmerzen
  • Repellent gegen Insekten und Mücken
  • Durchblutungsstörungen

 

 

Dosierung

 

Die Dosierung sollte insbesondere im Fall einer Schwangerschaft mit einem Arzt oder Apotheker besprochen werden. Der Gemeine Beifuß enthält die Substanz Cumarin, die zum Beispiel beim Waldmeister für das spezielle Aroma sorgt und in niedriger Dosierung ungefährlich ist. In höheren Dosen ist Cumarin allerdings leicht toxisch und verursacht Kopfschmerzen und Übelkeit. Generell gilt die Einnahme des Gemeinen Beifuß aber als gesundheitlich unbedenklich.

 

 

Anwendungsmöglichkeiten

 

Oral und äußerlich

 

Tee: 1-2 Teelöffel (1 Teelöffel = etwa 1,2 g) getrockneter Pflanzenteile mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen und zehn Minuten ziehen gelassen. Davon 2-3 Tassen täglich trinken.

 

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)  wird das Getränk auch mit kaltem Wasser zubereitet und die Blätter werden nach der Einweichzeit zusätzlich ausgepresst. Verwendet wird es in der TCM seit Jahrtausenden gegen Malaria und Parasiten sowie zur Fiebersenkung. Wegen dem extrem bitteren Geschmack empfiehlt es sich den Tee mit Milch und Zucker zu trinken.

 

Man kann ihn auch in Kombination mit Rooibos, Ingwer, Kardamom und Anis zubereiten. 

 

In dieser Zusammensetzung weist der Tee folgende Eigenschaften auf: 

– enthält Vitamin C-, Magnesium-, Eisen-, Calcium-, Kalium-, Natrium-, Phosphor
– antibakteriell und antiemetisch (vor Erbrechen schützend)
– durchblutungsfördernd
– steigert die Gallensaftproduktion
– Wirkung als Aphrodisiakum
– Anregung der Drüsen im Magen-Darm-Trakt
– wirkt Blähungen, Koliken und Krämpfen entgegen
– lindert Schlafstörungen und Kopfschmerzen
– wirkt gegen erhöhten Blutdruck, hält schlank, verlangsamt den Alterungsprozess
– stärkt Zähne und Knochen und beruhigt das zentrale Nervensystem
– gesunde Eiweißquelle und allgemeines Aphrodisiakum

 

Tinktur

 

Zur Herstellung einer Tinktur werden die Blätter der Pflanze mit klarem Alkohol, wie Wodka oder Korn übergossen. Der prozentuale Anteil von Alkohol sollte bei mindestens 40 Prozent liegen, um Fäulnis vorzubeugen. Nach drei bis vier Wochen wird die Tinktur gefiltert und anschließend zum Schutz vor Sonneneinstrahlung, in eine dunkle Flasche umgefüllt. Die Tinktur wird entweder Tropfenweise in Reinform oder mit Wasser verdünnt eingenommen.

 

 

 

Fazit

Um auf die anfangs gestellte Vermutung einzugehen, ob Beifuß gegen COVID-19 helfen kann, so ist dies zu bejahen. Zumindest begleitend.

 

 

 

Quellen & Literatur

Max Wichtl: „Teedrogen und Phytopharmaka“; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2002

Gerhard Madaus: „Lehrbuch der biologischen Heilmittel“ Band 1

Rietbrock: „Phytopharmaka IV: Forschung und klinische Anwendung“

 

Steffen Gruss
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