Säure-Basen-Haushalt
Der Säure-Basen-Haushalt – Ein wichtiger Bestandteil unserer Gesundheit
Das Wort Übersäuerung hat so ziemlich jeder schon mal gehört. Ich bin übersäuert ist wahrscheinlich einer der am meisten gehörten Aussagen, welche man im Gesundheitsbereich hört. Ca. 800.000 Seiten werden angezeigt, wenn man Übersäuerung in den Suchmaschinen eingibt und zahlreiche Bücher und Ratgeber handeln von dem Thema.
Aber was ist alles wahr über die Übersäuerung? Denn vieles dient leider nur für ein erfolgreiches Marketing einiger Firmen. Aus diesem Grund entstand dieser Bericht, um aktuellen fakten zu diesem Thema, Interessierten näherzubringen.
Säure-Basen-Haushalt : Definition einer Übersäuerung
Zu aller erst sollte man sich überlegen was eigentlich eine Übersäuerung ist. Eine Übersäuerung wird auch Azidose genannt, was vom lateinischen Wort acidum = Säure kommt.
Der Begriff Säure-Basen-Haushalt fasst die physiologischen Regelmechanismen zusammen, die der Konstanthaltung (Homöostase) der Protonenkonzentration und damit des pH-Werts dienen.
Er gehört somit zu den bedeutsamsten übergeordneten biologischen Systemen des Menschen. Tagtäglich wird er durch Tätigkeiten wie Essen, Atmen, Ausscheidung, Schlafen oder sportlicher Aktivität beeinflusst. Gerät dieses Gleichgewicht aus den Fugen hat es einen großen Einfluss auf unterschiedliche Prozesse im Körper, wie z.B.:
- Bioverfügbarkeit von Sauerstoff
- Wasser-/Fettlöslichkeit chemischer Verbindungen
- Durchlässigkeit von Zellmembranen
- Struktur und Funktion von Proteinen
- Struktur von Bindegewebe
- Wasserbindungsfähigkeit der extrazellulären Matrixeiweiße
Im Blut ist dieser Wert ziemlich genau bei 7,4 definiert und sollte auch kein großen Schwankungen haben (max. ± 0,05).
Abweichungen von diesem Wert werden als Azidose (Übersäuerung, zu niedriger pH-Wert) oder Alkalose (Untersäuerung, zu hoher pH-Wert) bezeichnet.
Medizinisch wird eine Übersäuerung in eine akute oder chronische Azidose eingeteilt. Die akute Variante ist in vielen Fällen ein Notfall und muss medizinisch versorgt werden. Häufiger kommt allerdings die chronische, langsam voranschreitende Ford der Übersäuerung vor. Dabei muss sich der Körper oder ein Organ nicht zwangsläufig im säurehaltigen Bereich (chemisch: pH-Wert kleiner als 7) befinden. Es reicht schon aus wenn die Körpereigenen Puffersysteme, welche das Gleichgewicht gewährleisten, aufgebraucht sind.
Störungen des Säure-Basen-Haushalts können so kurzfristig über den Atemantrieb kompensiert werden, da vertiefte Atmung den Partialdruck und so die Kohlensäurekonzentration im Blut senkt. Langfristig müssen jedoch alle Säuren, die im Stoffwechsel effektiv entstehen, über die Niere ausgeschieden werden.
Eine „Übersäuerung“ des Magens und Sodbrennen ist übrigens nicht damit gemeint. Der Magen ist von Natur aus sauer, dies ist auch für die Nahrungsverwertung und zum Eigenschutz vor Bakterien wichtig. Erst wenn die Schleimhäute angegriffen werden wird die Säure zum Problem.
Säure-Basen-Haushalt : einige wichtige Puffersysteme
Säure und eine korrespondierende Base (zu gleichen Teilen) ergibt eine Mischung, welche man Puffer nennt. Der Körper hat mehrere unterschiedliche Puffersysteme, die alle eins gemeinsam haben – die Homöostase (Gleichgewicht) aufrechtzuhalten.
Kohlensäure/Hydrogencarbonat-Puffer
Der Kohlensäure/Hydrogencarbonat-Puffer macht 75 % der Gesamtpufferkapazität des Blutes aus.
Proteinpuffer
Der Proteinpuffer wird vom Hämoglobin in den Erythrozyten und den Plasmaeiweißen gebildet. Er macht etwa 24 % der Pufferwirkung des Blutes aus.
Ammoniak/Ammonium-Puffer
Spielt vor allem im Urin eine Rolle. Die Menge der ausgeschiedenen Säuren hängt stark von der Ernährung ab; ein saurer Urin ist bei entsprechenden Stoffwechselbedingungen Ausdruck einer intakten Nierenfunktion und bedeutet deshalb keine Übersäuerung des Körpers.
Säure-Basen-Haushalt: Symptome und Auswirkungen einer Übersäuerung
Da eine Übersäuerung den gesamten Organismus mit all seinen Organen belastet, reagieren wir oft mit Erschöpfung, Antriebslosigkeit und Müdigkeit darauf. Unsere Körperhaltung passt sich diesem Erschöpfungszustand an und wir begeben uns immer mehr in einen Schonmodus. Unsere Muskeln verspannen sich und die Entgiftungs- u. Regulationsfunktionen müssen Höchstleistungen vollbringen.
Die am häufigsten Symptome, welche in der Praxis vorkommen sind:
– Antriebslosigkeit und rasches Ermüden
– Muskel- u. Gelenkschmerzen
– Juckreiz und Hautprobleme
– schlechtes Immunsystem
Säure-Basen-Haushalt: Ursachen für eine Übersäuerung
Ursache – biologische Uhr (Biorhythmus)
In der ersten Hälfte unseres Lebens funktioniert die Regulation von Säuren und Basen in der Regel ohne Probleme. Wobei die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Säure-Basen- Gleichgewichts mit der ansteigenden Zahl von Umweltbelastungen, schlechter Ernährung und der Einnahme von Medikamenten immer schwerer wird. Trotzdem schafft unser Körper immer wieder. Mädchen bekommen sogar während der Pubertät, auch wenn sie es oft nicht toll finden, ein von Mutter Natur geschaffenes Entgiftungsverfahren mit auf den Weg – die Menstruation. Interessanterweise sind Frauen im Alter wenn sie ihre Wechseljahre bekommen anfälliger auf bestimmte Erkrankungen (z.B. Osteoporose) wie Männer. Diese mussten schon ihr ganzes Leben Störungen im Säure-Basen-haushalt auf andere Weise korrigieren. manche Wissenschaftler gehen sogar davon aus, das dies der Grund ist, warum Männer statistisch gesehen kürzer leben als Frauen.
Die Leistung der Niere, welche maßgeblich am Ausscheiden von Säuren beteiligt ist, nimmt ebenfalls im Alter ab. Tagtäglich fallen z.B. Abfallprodukte aus unserer Energiegewinnung oder dem Eiweißstoffwechsel an, welche nicht mehr adäquat ausgeschieden werden können. So kann sich langsam aber stetig eine chronische Entsäuerung entwickeln.
Ursache – Ernährung
Ein weiteres Problem unserer Gesellschaft ist die teilweise schlechte Ernährung und der Bewegungsmangel. Die gerade mal durchschnittlich 20% zugeführten basenreichen Nahrungsmitteln reichen bei weitem nicht dazu die Puffersysteme aufzufüllen.
Dabei sagt aber der pH-Wert allerdings nix über den Wert der Nahrung für einen guten Säure-Basen-Haushalt aus. Michprodukte werden z.B. sauer und Zitronen basisch verstoffwechselt. Mittlerweile gibt es aber gute Listen der meisten Nahrungsmittel, welche auf dem PRAL (Potential Renal Acid Load) Rechenmodell basieren. Hier kann nachlesen welche Nahrungsmittel basisch oder sauer verstoffwechselt werden.
Fastenkuren und Diäten sind eine weitere Ursache. Hier entstehen durch den vermehrten Fettabbau sogenannte Ketosäuren, die wiederrum eine Übersäuerung fördern.
Ursache- Bewegungsmangel
Die Mangelbewegung führt zu einer Minderdurchblutung der Muskulatur, welches zu einem Sauerstoffmangel führt und dadurch wird zusätzliche Milchsäure gebildet.
Säure-Basen-Haushalt – Diagnose
Am bekanntesten ist die Säure-Basen. Messung mittels pH-Teststreifen, den man in jeder Apotheke bekommen kann. Leider ist das Ganze aber nicht so einfach wie es aussieht. Der Teststreifen sagt nur etwas den pH-Wert des Urins aus, aber nix darüber wie es letztendlich im Körpergewebe aussieht.
Je nach Ernährung ist der pH-Wert natürlichen Schwankungen ausgesetzt, welche zwischen einem Wert von 5 und 8 liegen können. Viele Firmen von Basenmitteln empfehlen eine erste Messung im Morgenurin. ist dieser sauer soll man angeblich übersäuert sein. Dieses ist aber nicht richtig. Wenn man nicht gerade ein Herzleiden hat und mehrmals in der Nacht aufs Klo laufen muss, ist der Urin in der Regel immer in sauren Bereich. Ist ja auch sinnvoll, wenn man bedenkt das sich über Nacht einige Bakterien in der Blasen angesammelt haben und durch den Säuregrad im Urin versucht der Körper diese zu beseitigen. Außerdem kann der teststreifen nur 1-2% der ausgeschiedenen Säuren messen, was wiederrum kein eindeutiges Ergebnis ergeben kann.
Alternative Möglichkeiten der Feststellung einer Übersäuerung gibt es im Bereich der Naturheilkunde. Zum einen gibt es hier bestimmte Arten von Stoffwechsel-Analysen bei denen der Urin mittels Chemikalien weiter aufgespalten wird und so mehrere der ausgeschiedenen Säuren festgestellt werden können. Eine andere Möglichkeit bietet die Dunkelfeld-(Vitalblut) Untersuchung. Hier kann man aufgrund von Erfahrungen Phänomene unter dem Mikroskop erkennen, welche auf eine Übersäuerung hindeuten können. Auch viele Bioresonazfirmen behaupten eine Störung des Säure-Basen-Haushaltes herausfinden zu können. leider sind diese ganzen Verfahren medizinisch nicht bewiesen und man benötigt einen erfahrenen Therapeuten, der die Ergebnisse aus den alternativen Diagnoseverfahren sinnvoll umsetzt
Eine sichere Diagnose nur über ein Labor erfolgen.
Säure-Basen-Haushalt: Häufige Irrtümer
Jeder ist übersäuert
Nein, das ist nicht der Fall. Einseitige Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsmangel, Diäten und chron. Krankheiten begünstigen zwar die Entstehung einer Azidose, bis die Pufferkapazitäten erschöpft sind, kann sehr viel Zeit vergehen. Trotzdem ist in vielen Fällen einer chronischen Erkrankung eine Übersäuerung sicher nicht falsch.
Ein Muskelkater kommt von einer Übersäuerung
Das ist so nicht ganz richtig. Ein Muskelkater entsteht aufgrund vieler kleiner Mikrorissen in der Muskulatur, beispielsweise nach zu viel sportlicher Aktivität. Dennoch kann die Muskulatur durch eine Anhäufung von Laktat (Milchsäure), bei starker sportlicher Aktivität, rascher ermüden.
Die orale Einnahme einer magensaftlöslichen Base kann den pH-Wert des Gewebes steigern.
Die orale Aufnahme von Basenmitteln mit Bikarbonat, die sich schon im Magen auflösen, wirken sich zwar kurzfristig auf den pH-Wert des Blutes aus, aber nicht auf den des Gewebes. Der Magen bildet sogar als Gegenreaktion mehr Säure als davor!
Eine Diät zur Gewichtsreduktion bessert eine latente Übersäuerung.
Leider falsch gedacht! Bei einer raschen und drastischen Fastenkur mit Gewichtsabnahme sammeln zu viele saure Stoffwechselprodukte (Ketone)im Körper: Es kommt zu einer Azidose.
Interessierte können sich eine kompakte Zusammenfassung zum Thema Azidose (pdf-Datei) runterladen
Hilfsmittel für eine Säure-Basen-Therapie für Zuhause kann man hier finden
Quellen:
https://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/laktat-stufentest-eignet-sich-nicht-zur-trainingssteuerung-a-903773.html
https://www.scinexx.de/wissen-aktuell-7799-2008-02-13.html
https://www.medical-tribune.de/medizin/fokus-medizin/artikeldetail/sport-steigern-supplemente-die-leistung.html
Gekle M, Wischmeyer G,Gründer S, Petersen M, Schwab A, Markward F, Klöcker N, Baumann R, Marti H: Taschenlehrbuch Physiologie
Stummvoll G, Pretterklieber M L, Kainberger F: Bewegung, Leistung und Schmerz. 10.Auflage 2013