Was bedeutet Gesundheit
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Was verstehen Fachleute unter Gesundheit?

 

(Aus dem Buch „Gesundheit ist kein Zufall – das Zwölfmaleins der Gesundheitsprävention“)

 

was bedeutet gesundheit

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit als Zustand des ‚vollkommenen’ physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens, was damit beinahe dem buddhistischen Nirwana gleichkommt. 

Nach so einer Definition traut sich wohl keiner, sich selbst als gesund zu bezeichnen. Die Latte wurde durch den Anspruch der Vollkommenheit so hoch gesetzt, dass niemand die Chance hat, sie zu überspringen. Analog dazu scheint all das, was nicht an diesen vollkommenen Glückszustand heranreicht, krank und behandlungswürdig zu sein. Mit Absicht ?, fragt man sich zurecht.

Die gesamte Menschheit ist demnach krank. Nur wer sich sozial, physisch und psychisch total wohl fühlt, scheint gesund, jede Abweichung krank. Was ist mit dem Arbeitnehmer, der mit seiner Stellung und Bezahlung nicht zufrieden ist? Ganz klar, er ist krank. Oder der Arbeitslose, ist er vollkommen glücklich? Der ein oder andere Sozialhilfeempfänger mit einem satten Geldpolster im Ausland vielleicht. Alle anderen sind krank. Was ist mit der Mutter von drei Kindern, die gehetzt ihre Erledigungen macht, Kinder hütet, kocht, wäscht, Einkäufe tätigt, ist sie psychisch total auf dem Damm? Nein, sie ist krank. Alle, alle sind krank, niemand ist wirklich glücklich.

Konsequenterweise haben wir es in Deutschland mit ca. 83 Millionen potentiellen Patienten zu tun, die ausgeschlachtet werden können, finanziell wie psychisch. Denn wer fühlt sich noch wohl, wenn permanent eingeredet wird, man sei krank. Nun, man muss wissen, dass die WHO eine Organisation ist, die mehrheitlich von Ärzten durchdrungen und von Sponsoren abhängig ist. Was liegt also näher, als eigene Interessen zu vertreten. Der Lobbyismus wird sorgsam und mit Bedacht gepflegt. 

Ich kann verständlicherweise dieser weit überzogenen Auslegung des Begriffs ‚Gesundheit’ wenig abgewinnen. Selbst wer sich physisch, psychisch und sozial vollkommen wohlfühlt, muss deshalb nicht gesund im Geiste sein.

Meiner Meinung nach trifft folgende Definition eher ins Schwarze: 

Gesundheit ist das ‚normale’, nicht krankhafte Befinden, Denken, Aussehen und Verhalten eines Menschen. 

Wobei ‚normal’ zu definieren ist. Normal bezeichnet hier anscheinend das Fehlen von Krankheiten. Mit dem kleinen Wörtchen ‚normal’ kann es sich jemand ruhig mal erlauben, ein griesgrämiges Gesicht zu machen, mal schlechter Stimmung zu sein, ohne befürchten zu müssen, gleich ins Krankenhaus eingewiesen zu werden. Dieser einleuchtenden Erklärung zufolge scheint Gesundheit das nicht Vorhandensein von Krankheiten zu sein. 

Theoretisch ja, praktisch wird die Grenze zur Krankheit damit zu spät gezogen, denn Krankheit wird erst als solche wahrgenommen, wenn sie fühlbar und diagnostizierbar ist. Außer Acht lässt man dabei die Entwicklungsgeschichte der Krankheit, die eine Vorgeschichte in sich birgt. Eine Krankheit bahnt sich schon oft Jahre zuvor an und ist damit latent vorhanden. 

Gesundheit endet demnach nicht erst mit dem Erkennen einer Krankheit, sondern dort, wo die ersten Weichen gestellt werden, die letztendlich zu der Manifestierung der Krankheit führen. Hier setzt auch der Psychologe Alexander Mitscherlich in seinem Buch „Krankheit als Konflikt“ an, in dem er folgende Definitionen für Krankheit anbietet:

Aus der Sicht der Schulmedizin sind Krankheiten das Ergebnis im Körper beginnender Leistungsveränderungen. 

Aus psychosomatischer Sicht entwickeln sich Krankheiten im Korrelationsfeld von Erlebnis und diesem Erlebnis zugeordneter körperlichen Leistungen.

Gesundheit und Krankheit basieren keineswegs auf einem Geschehen, was sich blindlings aus dem Nichts entwickelt, sondern sind eine Folge unbewusster Abläufe und Verknüpfungen. Bedingt durch ein ausgewogenes Zusammenspiel von Stoffwechselvorgängen und neurologischen wie psychologischen Abläufen sowie deren Störungen.

Gesundheit ist also Harmonie; Krankheit demnach gestörte Harmonie.

Ähnlich dem Yin und Yang der Schatten- und Sonnenseite eines Berges, deren Gegensätze sich harmonisch ergänzen.

 

was bedeutet gesundheit

 

Davon war auch Hippokrates überzeugt und stimmte damit seinen weisen Vorgängern der ägyptischen und altindischen Heilkunst zu. Hippokrates sah vor allem dann eine Harmoniestörung gegeben, wenn die vier Kardinalsäfte in einem Ungleichgewicht seien. Die richtige Mischung macht’s eben, die Hippokrates ‚Eukrasie’ nennt – das krankmachende Gegenstück nennt er ‚Dyskrasie’. Des Weiteren sieht Hippokrates große Einflüsse für die Gesundheit im Klima, in der Temperatur, den Jahreszeiten, in der Beschaffenheit des Bodens und des Wassers sowie der Erbanlagen. 

Vor allem aber ist Gesundheit als der Zustand zu bezeichnen, bei dem sich Geist und Natur im Gleichklang befinden.

In seiner Schrift „Die Hygiene der Lebensweise“ weist Hippokrates auf diese Faktoren hin, die Einfluss auf die Disharmonie der Säfte und damit auf die Erhaltung der Gesundheit sowie auf die Vermeidung von Krankheit haben. 

Im ersten Buch stellt er die  Ernährung, die Ausscheidung, das Geschlecht, das Alter und den Wohnort als Beurteilungskriterium heraus. 

Im zweiten Buch weist er auf Besonderheiten der geografischen Gegebenheiten, von Essen und Trinken, Bäder, Sex und Bewegung hin. 

Im dritten Buch bezieht er die vier Jahreszeiten mit ein, um dann im vierten Buch auf die Träume einzugehen.

Fast identisch äußert sich der Arzt Galen in seiner Schrift „Gesundheitslehre“. Galen beschreibt darin die Gesundheit als ideales Gleichgewicht, als vollkommene Harmonie, deren Störung Krankheit verursacht. Um ein langes Leben zu genießen, müsse man vor allem auf die so genannten sex res non naturales (sechs nicht natürliche Dinge) und deren Balance achten. 

Hierbei legte Galen große Achtsamkeit auf die Einflüsse von Licht und Luft (aer), Speise und Trank (cibus et potus), Arbeit und Ruhe (motus et quies), Schlaf und Wachen (somnus et vigilia), Absonderungen und Ausscheidungen (secreta et excreta) sowie von der Anregung des Gemüts (affectus animi). Noch im Mittelalter und der Renaissance wurde seiner Lehre zur Lebensführung große Achtung gezollt . 

Platon fasst den Menschen als ein Gemisch von Begierden, Empfindungen und Denken auf. Das ideale menschliche Leben bestand laut Platon aus dem harmonischen Nebeneinander dieser drei Wesensteile unter Führung von Weisheit und Erkenntnis. Eine Störung dieses Gleichgewichts führt zu krankhaften Erscheinungen. 

Ähnlich sieht es der Konfuzianismus, der lehrt, den Leidenschaften und Süchten einen harmonischen Ausdruck zu verschaffen.

Hahnemann, der Begründer der klassischen Homöopathie definiert Krankheit ähnlich wie Hippokrates: 

Krankheit bedeutet Gleichgewichtsstörung und das Bestreben das Gleichgewicht wieder herzustellen. 

Eine Erkenntnis, die den meisten modernen Ärzten abhanden gekommen ist, zumal dies eine zu aufwendige und Zeit vergeudende Ursachenforschung bedinge, um den Grund ausfindig zu machen, der die Balance so aus dem Gleichgewicht wirft. 

 

 

Steffen Gruss
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