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Billig ist oft auch billig!

 

Wie viele von Ihnen in den Medien gehört haben werden, wurden im letzten Dreivierteljahr eine Reihe von sogenannten Sartanen, die gegen Bluthochdruck helfen, aus dem Verkehr gezogen. Es handelte sich vor allem um Valsartan, das im Produktionsprozess des chinesischen Herstellers mit einem Stoff verunreinigt wurde, der als krebserregend gilt. Valsartan und auch andere Blutdrucksenker sind die preisgünstigeren Varianten der Sartane und werden deshalb von den Krankenkassen bezuschusst. Das heißt, Ärzte verschreiben sie genau deshalb und eben nicht die teueren. Preisgünstig anbieten kann aber nur der, der in der Lage ist, preisgünstig zu produzieren. Und wir wissen alle, was das bedeutet, ob in der Pharmabranche, im Hoch- und Tiefbau, in der Lebensmittelindustrie und nicht zuletzt bei der Kleiderherstellung. Dies soll aber nicht heißen, dass im Hochpreissegment alles immer besser ist, ganz und garnicht. Aber billig ist nun mal billig in der Herstellung, da gibt es nichts dran zu drehen. Bei teuren Produkten kann es so sein, denn die hohen Gewinnmargen verlocken dazu, muss aber nicht.

Doch was tun, wenn einem eins der risikobewerteten Sartane verschrieben wurde? Wechseln sie zu den anderen, ganz einfach! Fragen Sie Ihren Arzt welche da infrage kommen.

 

Zur kurzen Erklärung:

Im Gegensatz zu den ACE-Hemmern, die die Aktivität des Angiotensin Converting Enzyme (ACE) kompetitiv hemmen und inaktives Angiotensin I in aktives Angiotensin II umwandeln, greifen Sartane (AT I-Blocker) in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System dergestalt ein, dass der Angiotensin1-Rezeptor blockiert wird. Dadurch werden die Effekte von Angiotensin II an verschiedenen Organen aufgehoben. Folglich entsteht weniger Angiotensin II aus Angiotensin I, wodurch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System erst im Endverlauf unwirksam wird.

Nichtmedizinern mag der Unterschied nicht verständlich sein, sie merken nur die Nebenwirkungen, was verständlich ist. Und diese Nebenwirkungen sind es, die bei ACE-Hemmern häufig massiv auftreten, während Sartane geringe Nebenwirkungen erzeugen.

Aber auch unter den Sartanen gibt es diesbezüglich und in der Wirkungsdauer erhebliche Unterschiede. So können einige Sartane von ihrer Bindung an den AT1-Rezeptor durch hohe Konzentrationen von Angiotensin-II verdrängt werden, wodurch die Wirkdauer verkürzt wird.

Bei Telmisartan und Candesartan (Vorsicht! Siehe unten) ist das nicht so, denn ihr Bindungsverhalten am AT I-Rezeptor ist „unüberwindbar“. Dadurch wirkt zum Beispiel Telmisartan nicht nur stärker als Losartan oder Eprosartan, es wirkt mit mehr als 20 Stunden Plasma-Halbwertszeit auch deutlich länger. Noch besser und länger zeigte sich in Studien eine Kombination von 80 mg Telmisartan mit 12,5 mg Hydrochlorthiazid. Andere Studien zeigten hervorragende Wirkungen mit Azilsartan (40 mg) plus 12,5 mg Chlortalidon. Zumal die Nebenwirkungen bei der letztgenannten Kombination nahezu bei Null liegen.

Dies erwähne ich, weil viele Patienten, die auf Valsartan eingestellt waren, stark verunsichert sind wegen der Verunreinigungen durch N-Nitrosodiisopropylamin (NDIPA), die aufgetreten sind – ein Wirkstoff, der als krebserregend eingestuft wird.

 

Welche Sartane wurden risikobewertet?

Neben Valsartan wurden Losartan, Irbesartan, Candesartan und Olmesartan vom BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) als risikobehaftet bewertet. Die Ausweitung der Risikobewertung bezieht jene Sartane mit ein, die wie Valsartan ein spezifisches Ringsystem (Tetrazol-Ring) besitzen, dessen Synthese unter bestimmten Bedingungen zur Bildung der Verunreinigungen NDMA bzw. NDEA führen kann.

 

Sartane, die nicht betroffen sind!

Weitere Sartane, wie Azilsartan, Eprosartan oder Telmisartan, die dieses Ringsystem nicht beinhalten, sind von diesem Risikobewertungsverfahren nicht betroffen. 

 

Mitverantwortung der Gesundheitsbehörden und Krankenkassen

Leider bezuschusst unser Gesundheitssystem nur die billigen Arzneien, weshalb Patienten zuerst auf ACE-Hemmer, Ca-Antagonisten und Betablocker eingestellt werden, die aber den gesamten Kreislauf durcheinander- und viele Nebenwirkungen mitsichbringen.

Auch bei den Sartanen werden generell nur die Kosten für die billigen Sartane übernommen. Dies führt dazu, dass die Hersteller gezwungen sind, billig zu produzieren. Deswegen halte ich es für fraglich, ob stets alle Sicherheitsmaßnahmen und Qualitätskontrollen eingehalten werden. Vermutlich nicht, wie man an den jüngsten Rückrufaktionen sehen kann.

Ich sehe hier eine Mitverantwortung unserer Gesundheitsbehörde und der Krankenkassen, die allzu oft auf „billig“ setzen.

Steffen Gruss
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